Ein Paket verschwindet und eine Farbe taucht auf

Ich (Rosy) entschloss mich spontan, zum Start des Etiketten-Drucks die Grafikerin in die Münchner Druckerei zu begleiten. Da es ein mehrfarbiger Offset-Druck auf einem besonders hochwertigen Papier und die Auflage sehr hoch war, durfte nichts schief gehen. Es stellte sich heraus, dass es gut war, dass wir vor Ort waren, denn so konnten noch einige kleine aber wichtige Anpassungen gemacht werden. Die Farben hatten noch nicht die richtige Sättigung und die Schärfe der Schriften musste nachjustiert werden. Auch hatte sich eine feine weisse Linie auf der Vorderseite eingeschlichten, wofür wir rasch eine Lösung finden mussten. Glücklicherweise löste sich dieses Problem durch einen größeren Anpressdruck, wodurch sich auch die Farben intensivierten. Mit einem Händedruck mit etwas Druckerschwärze und einigen Blättern des Probedrucks verließ ich, froh da gewesen zu sein, die Druckerei.

Danny beim Färben unserer Wolle

Trotz der genauen Vorstellung, die wir inzwischen von den Garnfarben hatten, war es unheimlich schwierig, diese über die große Entfernung hinweg mit der Färberei zu besprechen. Zudem hatte man dort so viel zu tun, dass das Thema Farb-Matching Gefahr lief sich zu lange hinzuziehen. Und es fehlte ja noch mindestens die Hälfte aller Farben! Deshalb beschlossen wir, noch ein drittes Mal nach England zu fahren, um einige Tage vor Ort mit Färber Danny und Färbereibesitzer Keith die Farben auszuarbeiten.

Das war ein hartes Stück Arbeit, denn das Garn durfte durch das Färben auf keinen Fall seinen schönen Glanz verlieren oder gar wie Acryl-Garn wirken. Zudem sollten die Farben eine besondere Intensität und Leuchtkraft haben, was Danny unter den harten Einschränkungen, die eine GOTS-zertifizierte Färbung mit sich bringt, den kalten Schweiss auf die Stirn trieb. Er schaffte es aber schließlich doch und die Reaktionen, die wir von allen Seiten im Bezug auf die fertigen Farben bekommen, freuen uns sehr!

Keith, Danny und Rosy mit der ersten Färbeladung

Eine Anekdote am Rand: Danny hatte auf unseren Wunsch hin bereits vor ein paar Wochen ein Türkis probiert, das aber – weil ja kein Kupfer verwendet werden sollte – nicht so knallig rauskam wie die Garnprobe, die wir ihm dafür geschickt hatte. Er hatte damals gesagt, wir müssten das Türkis leider weglassen, weshalb es bei unserem Besuch jetzt fast schon in Vergessenheit geraten war. Als wir schon fast bei der Verabschiedung waren, fragte ich, ob er uns nicht doch noch das Türkis zeigen könne, nur aus Neugier, was mit GOTS-Färbung hinzubekommen ist. Er wollte erst nicht recht, ließ sich aber dann doch breitschlagen und siehe da: „Laguna“ ist eine unserer schönsten Farben geworden und viel toller als die Vorlage!

Es kommt auf die richtige Anzahl Umdrehungen an …

Der Druck der Etiketten war so geplant, dass diese genau dann ankommen sollten, wenn wir bei der Färberei sein würden, damit wir dort das richtige Drehen und Etikettieren einiger Probegarnstränge ausprobieren konnten. Beim Drehen ist wichtig, dass die Stränge nicht zu fest werden, da man sonst die Weichheit der Wolle nicht mehr fühlen und das Garn an Elastizität verlieren kann, was im schlimmsten Fall zum Ausleiern des fertigen Strickstücks führt. Einige Zeit verbrachten wir deshalb an dem praktischen Haken, den ein Mitarbeiter von Keith extra für unser Garn entworfen, geschweißt und an der Wand angebracht hatte

Die Etiketten kamen gerade noch rechtzeitig kurz vor unserer Abreise an, aber leider war das Paket bei der Fracht beschädigt worden, so dass wir einige gar nicht mehr verwenden konnten. Als wir es öffneten, eine noch schlimmere Überraschung: Es fehlten einige Farbnummern komplett! Auf den Frachtpapieren standen nur zwei Pakete, offenbar war aber dennoch ein drittes auf dem Weg von München nach England verloren gegangen. Nach ein paar aufregenden Tagen und einigen Recherchen per Email und Telefon konnte es zum Glück doch wieder gefunden und unbeschädigt nachgeliefert werden.  

Farb-Matching und wie uns ein freches Lamm zu einem Garnnamen inspirierte

Farbproben

Zeit zum Ausruhen war natürlich nicht, denn nebenbei musste es bereits mit der Auswahl der Farben vorangehen. Nach größerer Recherchearbeit, welche Farben beliebter sind und welche man besser meiden sollte, besorgte ich Garnproben und schickte sie an die Färberei. Dort würde man nun versuchen, genau diese Farben für uns zu mischen – allerdings nach den strengen GOTS-Richtlinien, das heisst, es ist zum Beispiel nur ein Minimum an Kupfer erlaubt, was zwei meiner Wunschfarben schon vorab unmöglich zu machen schien. Zumal die Färberei konsequenterweise lieber überhaupt kein Kupfer verwenden will, was aus Umweltsicht natürlich super ist!

Die ersten Farbproben die ich von dort zurückbekam waren deshalb auch nur zum Teil zufriedenstellend. Ich holte Rat bei einem Stricktreffen in München, bei dem sich die meisten schon lange über Ravelry kennen und sich regelmäßig treffen. Gemeinsam beratschlagte ich mit den Strickexpertinnen, was wohl die beste Strategie für die Farben sei und wir hatten bald einige Lieblingsfarben identifziert, so dass ich inspiriert und motiviert in die zweite Runde des Farb-Matchings ging.

Gleichzeitig benötigte ein anderes Thema viel Aufmerksamkeit in dieser Zeit: das Etikett, das später an den fertigen Wollstrang angebracht werden sollte. Klingt einfach, war aber sehr komplex. Es sollte ein ansprechendes Design für beide Garnstärken entworfen, ein Informationstext zum GOTS-Zertifikat geschieben werden. Und die Rückseite musste alle wichtigen Garn- und Pflegeinformationen enthalten, sowie Barcodes und ein System von Farb- und Partienummern. Die Barcodes und die Textilpflegesymbole mussten dazu zunächst einmal lizensiert werden und die Symbole dürfen nur in einer ganz bestimmten Reihenfolge und Größe angebracht werden. Natürlich muss auch das Papier der Labels zertifiziert sein und den GOTS-Richtlinien genügen. Nett war, dass ich bei den Arbeiten an den Etiketten dazu kam, sehr viele Schafe zu zeichnen, wollige Hintergründe zu entwerfen und sogar mit Kartoffeldruck zu experimentieren.

Bei den Garnnamen entschieden wir uns für „Cheeky Merino Joy“ für das dünnere und „Big Merino Hug“ für das dickere Garn. Zu dem Begriff „cheeky (frech)“ hatte uns ein kleine Rasselbande von Lämmern inspiriert, die wir in England beobachtet hatten und die sich eine Wiese mit ein paar Hühnern teilte. Dabei schlich sich ein Lamm immer wieder an ein Huhn ran, knufft es frech mit dem Kopf an und hatte offenbar einen riesen Spass.

H + H Messe und wie es mit der Spinnerei weiter ging …

Nun sind es nur noch wenige Wochen bis zum Verkaufsstart und unser Blog hinkt ein wenig hinterher … deshalb gibt es jetzt eine Zusammenfassung der Ereignisse im Schnelldurchlauf, damit wir möglichst bald von dem berichten können, was aktuell passiert.

H + H Handarbeitsfachmesse Köln

Im März haben wir unsere Rosy Green Wool GbR angemeldet, gerade rechtzeitig, so dass ich mit dem noch „druckfrischen“ Gewerbeschein als Besucherin auf die große Handarbeitsfachmesse H + H nach Köln fahren konnte, um mir ein noch besseres Bild von der Welt des Garnhandels machen zu können. Das Ergebnis überraschte mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirklich: Die meisten namhaften Hersteller in Europa waren vertreten, um ihre Herbst-Winter-Kollektionen vorzustellen – Bio-Garne waren jedoch nicht wirklich ein Thema.

Ein bekannter Hersteller kramte auf meine Frage hin umständlich einige Knäuel aus dem untersten Regal hervor, ungefärbt und von nicht sehr weicher Qualität, auf deren Banderole das Wort „Bio“ zu lesen war. Als ich nach einem Bio-Zertifikat bzw. Nachweis hierfür fragte, sagte man mir, er, der Hersteller, wüssten eben, dass die Bauern von denen er die Wolle bezieht ihre Schafe artgerecht halten. Zertifizierung? Nein, denn sowas sei irrsinnig aufwändig und ausserdem könne sich das ja kein Mensch leisten!

Bald danach stand auch schon unser zweiter Besuch bei der Spinnerei in Cornwall an. Sie hatten unsere Merino-Wolle erhalten und die 16 Kilogramm Vorlaufgarn, das ja gesponnen werden muss bis die nötige GOTS-Reinheit der Maschinen erreicht ist, bereits nach der neuen Spezifikation hergestellt. Alles war bereit für die große Produktion und wartete, dass wir grünes Licht geben würden – sofern das Garn unseren Anforderungen genügen würde. Unnötig zu erwähnen, dass wir nicht gerade entspannt hinfuhren, nachdem wir bei unserem ersten Besuch bereits festgestellt hatten wie schwierig es war, die gewünschte Qualität zu erreichen.

Patrick mit unserer frisch gesponnenen Wolle

Als wir dort ankamen waren wir überwältigt: Unser Garn war traumhaft weich, hatte einen leicht seidigen Glanz und auch die erste Strickprobe zeigte ein wunderschönes Maschenbild. Glücklich und sehr erleichtert reisten wir mit den ersten 16 kg Garn in einem Koffer und einem großen Sack verpackt, zurück nach München.