Als wir beschlossen, nach England zu fahren, um unsere Spinnerei kennen zu lernen, überlegten wir, dass es Sinn machen würde auch gleich eine kleine GOTS-Färberei im Norden von England zu besuchen.
Der Besuch entpuppte sich als ebenso spannend wie skurril! Man führte uns in einen Raum, der uns als „das Büro des Chefs“ vorgestellt wurde und in dem es unheimlich viel zu bestaunen gab, während wir es uns bei ca. 10 Grad vor einem kleinen Heizstrahler gemütlich machten: da gab es Berge von Strick-Pullovern, leeren Garnrollen, Unterlagen und alter Computer-Hardware, alles wild gemischt und ganz im Stil dieser britischen 70er-Jahre Krimis, wo alle hinter einer ganz heissen Sache her sind, in ein völlig umgegrabenes Zimmer kommen und dann sagt einer: „Oh mein Gott, sie waren schon vor uns da!“
Der „Chef“ stellte sich als sehr britisch heraus, immer einen Scherz auf den Lippen, und überzeugte uns trotz des eher wild anmutenden Büros durch seine 30-jährige Erfahrung in der garnverarbeitenden Industrie. Seine kleine Färberei managte er seit 15 Jahren, wobei uns schien, dass er irrsinnig viel selbst und mit vollem Einsatz machte, vom Färben und „Hank Twisting“ bis hin zum Ausliefern der fertigen Ware.
Ausserdem beherbergt er eine koreanische Textil-Künstlerin in der Färberei, die uns mit den Worten „Ah, endlich Menschen!“ begrüßte und uns durch die Färbehalle schleppte, um uns stolz allerlei selbstgemachtes Textilwerk zu zeigen, das sie aus Bottichen mit blauen und grünen Flüssigkeiten zog. Einen Umtrunk im Local Pub mussten wir leider ausschlagen, da unser Rückflug anstand.
Wir beschlossen, es mit diesem sympathischen kleinen Unternehmen zu versuchen, vor allem weil man hier mit dem Färben nach den strengen GOTS-Richtlinien schon einige Erfahrung hatte. Damit waren die drei wichtigsten Themen (Wolllieferant, Spinnerei und Färberei) jetzt unter Dach und Fach und es konnte endlich mit der Produktion losgehen!